Herzstimme – eine Reise zu Dir

Der träumende Delphin

von Sergio Bambaren


Manche Dinge kann man nur mit dem Herzen hören und sehen!

Der Delphin Daniel ist anders als seine Kollegen im Schwarm. Er fischt nicht den ganzen Tag und geht den Beschäftigungen nach, die man als pflichtbewusster Delphin nachgeht.

Daniel ist ein Träumer. Er spürt, dass es noch mehr geben muss im Leben und so hatte er beschlossen, all seine Kraft darauf zu verwenden, im Wellenreiten und in der Weisheit des Meeres, den wahren Sinn des Lebens zu finden.

Das war sein Traum. Dies bestätigt sich, als das Meer zu ihm spricht ... 

"Es kommt eine Zeit im Leben, da bleibt einem nichts anderes übrig, als seinen eigenen Weg zu gehen. Eine Zeit, in der man die eigenen Träume verwirklichen muss. Eine Zeit, in der man endlich für die eigenen Überzeugungen eintreten muss."

Daniel fühlte sich äusserst unbehaglich. Jemand, der offenbar seine Gedanken lesen und seine Seele durchleuchten konnte, kam da seinem grössten Geheimnis auf die Spur.

"Hab keine Angst, solange Du Deinen Träumen nachgehst, werde ich immer bei Dir sein, um Dir zu helfen. Vertraue Deinem Instinkt, achte auf die Zeichen, die Dir auf Deinem selbst gewählten Weg begegnen werden und Du wirst Dir Deinen Traum erfüllen. Ich kann Dir nur eines sagen Daniel, Du wirst den wahren Sinn des Lebens finden und zwar an dem Tag, an dem Du auf der perfekten Welle geritten bist."

"Gerade in der grössten Verzweiflung hast Du die Chance, Dein wahres Selbst zu finden. Genauso wie Träume lebendig werden, wenn Du am wenigsten damit rechnest, wird es mit den Antworten auf jene Fragen sein, die Du nicht lösen kannst. Folge Deinem Instinkt wie einem Pfad der Weisheit und lass Hoffnung Deine Ängste vertreiben. Du bist jetzt auf den richtigen Weg, Daniel."

Die Beziehung zum Meer war immer stärker geworden und Daniel hatte sich im Wellenreiten ungeheuer verbessert. Aus jedem Manöver versuchte er, etwas zu lernen und anstatt enttäuscht zu sein, wenn ihm etwas misslang, bemühte er sich stets, das Beste draus zu machen, in dem er seinen Fehler erkannte und alles daran setzte, in bei der nächsten Welle zu vermeiden.

«Die meisten von uns sind nicht in der Lage, über ihre Misserfolge hinwegzukommen – deshalb gelingt es uns auch nicht, unsere Bestimmung zu erfüllen. Es ist leicht, für etwas einzutreten, das kein Risiko birgt.»

Nun erst erkannte Daniel, was das Meer ihm eigentlich sagen wollte – er musste den grossen Sprung ins Unbekannte wagen, fort von der Sicherheit seinen Riffs.

«Um für sich den wahren Sinn des Lebens zu finden, musste Daniel alles hinter sich lassen, was ihn bisher eingeschränkt hatte.»

"Jetzt verstehe ich," sagte er mit triumphierender Stimme "die perfekte Welle kommt nicht auf mich zu, ich muss sie selber finden."

So brach Daniel noch am selben Abend auf, sein Riff zu verlassen – "jetzt beginnt der harte Teil" dachte er.

Am nächsten Morgen fand sich Daniel im grossen Ozean wieder. Dort trifft er auf einen riesigen Buckelwal, als plötzlich eine schwarze Silhouette am Horizont auftauchte. Sie schien dicht über dem Wasser zu schweben und spuckte Rauch und Asche in die Luft.

"Hüte Dich vor einem Geschöpf namens Mensch" sagte der Wal ängstlich und tauchte wieder ab. Da sprach das Meer erneut zu ihm ...

"Neue Welten zu entdecken wird Dir nicht nur Glück und Erkenntnis, sondern auch Angst und Kummer bringen. Wie willst Du das Glück wertschätzen, wenn Du nicht weisst, das Kummer ist? Wie willst Du Erkenntnis gewinnen, wenn Du Dich Deinen Ängsten nicht stellst? Letztlich liegt die grosse Herausforderung des Lebens darin, die Grenzen in Dir selbst zu überwinden und so weit zu gehen, wie Du Dir niemals hättest träumen lassen."

Daniel dachte bei sich ...

"Wir alle haben Träume. Nur, dass manche unermüdlich darum kämpfen, ihre Bestimmung zu erfüllen, wie hoch das Risiko auch sein mag, während andere ihre Träume einfach ignorieren, aus blosser Angst zu verlieren, was sie besitzen. Ihnen wird niemals bewusst, welchen Sinn ihr Leben eigentlich hat."

Zu diesem Zeitpunkt fehlte Daniel das Wellenreiten mehr als je zuvor. Er wurde langsam traurig und wusste nicht mal, ob er seine wunderbare Insel jemals wieder sehen würde. Er hatte geglaubt, die Welt würde ihm viele schöne Überraschungen bereiten, von denen er tatsächlich einige erlebt hatte, aber eben auch einige unangenehme. In dieser Stimmung war ihm plötzlich fast danach, zu seiner Lagune zurück zu kehren. Da sprach das Meer wieder zu ihm ...

"Träume bedeuten ein hartes Stück Arbeit. Wenn wir versuchen, dem auszuweichen, können wir den Grund, warum wir zu träumen begannen, aus den Augen verlieren und am Ende merken wir, dass der Traum gar nicht mehr uns gehört. Wenn wir einfach der Weisheit unseres Herzens folgen, wird die Zeit dafür sorgen, dass wir unsere Bestimmung erfüllen."

"Denk daran, wenn Du schon fast aufgeben willst und wenn Du glaubst, dass das Leben zu hart mit Dir umspringt – denk daran, wer Du bist und denk an Deinen Traum."

Am vierzigsten Tag, seit Daniel seine Insel verlassen hatte, hörte er endlich ein vertrautes Geräusch. Er traute seinen Augen nicht. Einige hundert Meter türmte sich das Wasser zu gewaltigen Wellen, die imposanter nicht sein konnten. Ohne zu zögern, schwamm Daniel auf das Riff zu und surfte bis tief in die Nacht hinein.

Er dachte bei sich ...

"Ich bin schon so oft gesurft und werde es nie satt haben – warum nur?"

«Es gibt Dinge, die Du mit den Augen nicht sehen kannst. Du musst sie mit dem Herzen sehen und das ist das Schwierige daran. Wenn Du zum Beispiel in Dein Inneres blickst und spürst, dass dort ein junges Herz schlägt, werdet ihr beide mit Deinen Erinnerungen und seinen Träumen losziehen und einen Weg durch jenes Abenteuer, das man Leben nennt, suchen, stets bestrebt, das Beste daraus zu machen.»

Am nächsten Morgen steuerte Daniel auf das Riff zu, das er gefunden hatte, um in Erfahrung zu bringen, wer er war und wohin er ging und durch die perfekte Welle den Sinn des Lebens zu finden.

Das war sein Traum.

Daniel warf sich in die Wellen und hatte das Gefühl, selbst ein Teil des Meeres zu sein.

Er war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Endlich hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte.

Jetzt spürte er, dass es richtig gewesen war, seinen Schwarm und die Insel zu verlassen, um seinen Horizont zu erweitern.

«Durch unsere Entscheidungen definieren wir uns selbst. Allein durch sie können wir unseren Worten und Träumen Leben und Bedeutung verleihen. Allein durch sie können wir aus dem, was wir sind, das machen, was wir sein wollen.»

«Daniel war so weit gekommen, weil er an sich selbst geglaubt hatte.»

Jetzt musste er ein weiteres Mal seinem Instinkt vertrauen. So blieb er noch eine Weile, denn er spürte, dass etwas ganz Besonderes geschehen würde – und da sah er sie, wie sie von Westen an nahte.

Es war die perfekteste Welle, die er jemals gesehen hatte.

Daniel wusste, dass dies die Welle war, von der er geträumt hatte. Er schwamm los, um sich in Startposition zu bringen, dann glitt er an ihr hinab und machte am Wellenrand eine radikale Wende. Dann folgten gewagte Richtungsänderungen und Manöver in der Gischt. Er brachte sich in Position und balancierte mit angehaltenem Atem zwischen Wellenrand und Kamm. Langsam und immer tiefer wölbte sich der Wellenrand über ihm, bis er dort angelangt war, wovon alle Surfer träumen – im Tunnel.

«Daniel hatte an sich selbst geglaubt und war auf seiner Reise allen Zeichen gefolgt.»

Jetzt war er endlich auf der perfekten Welle geritten und hatte dabei herausgefunden, worin tatsächlich der Sinn seines Lebens bestand:

  • zu einer glücklichen und erfüllten Existenz zu finden, indem er seinen Traum verfolgte. Er hatte die Grenze überschritten, jenseits derer Träume Wirklichkeit werden, eine Grenze, die nur sah, wer auf die Stimme seines Herzens hörte und im Lichte dieser neuen Erkenntnis erschien Daniel sein Leben jetzt genau so, wie es sein sollte und das gefiel ihm nicht nur, es begeisterte ihn!

«Es kommt eine Zeit im Leben, da bleibt einem nichts anderes übrig, als seinen Weg zu gehen!»

Diese wundervolle Geschichte lässt sich auch auf uns Menschen übertragen.

Auch wir haben das Träumen verlernt. Viel schlimmer noch, wie sind viel zu sehr Realist und denken, wir müssen tun, was getan werden muss. Immer auf der Suche, das bestmögliche Kapital aus allem zu schlagen. Dabei haben wir völlig vergessen, wovon wir einmal geträumt haben. Wir vergessen somit, uns selbst zu sein, geben unsere Individualität auf und schwimmen mit allen in unserer Gesellschaft in die gleiche Richtung des Stromes. Keiner wagt es, dagegen zu schwimmen und sich und seine Träume ernst zu nehmen.

Der Delphin Daniel lebt es uns vor.

Er hat auf seine innere Stimme, die Stimme seines Herzens gehört
und ist seinem Traum gefolgt, zu einem glücklicheren und erfüllteren Leben.

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